A49 und der Dannenröder Forst: Meine Rede zur aktuellen Stunde der FDP

Wir Grünen lassen uns nicht vorschreiben, Aktivist:innen pauschal zu kriminalisieren. In meiner Rede vom 12. November beziehe ich Stellung zur aktuellen Stunde der FDP zu den Protesten im Dannenröder Forst.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste! Zum Antrag und zur Aktuellen Stunde der FDP. In der Aktuellen Stunde wird  gefordert, dass sich die GRÜNEN von den „Anarchisten im Dannenröder Forst“ distanzieren mögen. Ich weiß ehrlich nicht, worauf Sie mit dieser Aktuellen Stunde hinauswollen.

Basisdemokratie, Ökologie und Gewaltfreiheit sind Teil der Grünen DNA

Denn Basisdemokratie, Ökologie und Gewaltfreiheit gehören zu unserer DNA.

Wenn es Ihnen darum geht, darauf einzuwirken, dass die Proteste friedlich bleiben mögen, dann sind Sie ein paar Wochen zu spät dran. Bereits am 11. Oktober schrieb ich unter der Überschrift „Keine Gewalt im Dannenröder Forst“ auf Facebook, Instagram und Twitter: Die Proteste und Aktionen rund
um die A 49 und den Dannenröder Forst müssen friedlich bleiben. Der Einsatz von Schlagstöcken gegen Protestierende ist genauso zu verurteilen wie Steinewürfe auf Einsatzfahrzeuge der Polizei.

Letztlich nützt es niemandem und der Sache ganz sicher am wenigsten, wenn es Verletzte im Wald gbt. In den Protestcamps sitzen Menschen, und in den Uniformen stecken Menschen. Das sollten wir alle nicht vergessen. Dazu stehe ich bis heute.

Autobahnen bringen nicht automatisch Wohlstand

Wenn ich mir Ihren Antrag so anschaue, habe ich den Eindruck von einer Partei, die echt den Anschluss verpasst hat. Gleich im ersten Absatz heißt es: „Die Chancen einer zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der Region hängen nicht unwesentlich von dem Lückenschluss ab.“ Dieser Satz ist so eingängig wie falsch. Autobahnen bringen nicht automatisch Wohlstand, liebe FDP, sondern zunächst einmal mehr Verkehr und im Nachgang Logistikzentren, Autohöfe und neue Gewerbegebiete auf der grünen Wiese. Die Ansätze in der Klimakrise müssen andere sein. Und dabei reden wir nicht nur über CO2-Preise.

Unsere Wirtschaft muss sich grundlegend ändern. Sie muss deglobalisiert, reregionalisiert und entschleunigt werden.

Das Anbiedertum der FPD

In Punkt 2 findet sich ein direkter Angriff auf unseren Verkehrsminister – was ich lustig finde, wenn man die Wankelmütigkeit und das Anbiedertum der FDP bedenkt. Anfang November stellte die FDP eine Kleine Anfrage zu den naturschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Auflagen im Bereich der A 49, die dann – oh Wunder – auf mysteriösen Wegen zu „Fridays for Future“ und zu den Umweltverbänden gelangte.

Ein paar Tage später reicht dieselbe Partei die Aktuelle Stunde ein, um dieselben Leute zu diskreditieren, bei denen man sich fünf Minuten vorher noch einschleimen musste. Im Antrag werden Tarek Al-Wazir und die ganze Landesregierung aufgefordert, sich endlich „nach außen inhaltlich und im Sprachgebrauch geschlossen zu positionieren“. Das hätten wir uns einmal trauen sollen: über Parteigrenzen hinweg eine Sprachregelung zu Projekten zu verlangen.

Wer Aktivist ist und wer nicht, entscheidet nicht die FDP

Verstehen Sie eigentlich das Konstrukt einer Koalition aus zwei Parteien? – Im Übrigen lobe ich mir einen Minister, der sich entgegen der Überzeugung zur Verkehrswende und Klimaschutz hinter Recht und Gesetz stellt. Das sollten Sie langsam einmal anerkennen, liebe FDP und liebe SPD.

Sie wollen, dass wir den Satz „Der Landtag betrachtet mit Sorge, dass sich die Protestbewegung zunehmend radikalisiert“ beschließen. Auch die Pauschalität in dieser Aussage ist leider falsch. Richtig ist, dass sich Gruppen unter die Besetzung gemischt haben, denen es um andere Sachen geht als um den Wald und die Verkehrswende. Das steht auch im Verfassungsschutzbericht 2019. Schade ist, dass sich die friedlichen Besetzer nicht ausreichend abgegrenzt haben.

Wir sagen: Der Protest muss friedlich bleiben. Gewalt gegen Menschen und Gewalt gegen Sachen lehnen wir mit aller Deutlichkeit ab. Wer auf einen Menschen losgeht, kann sich nicht hinter der noch so guten Sache verstecken. Genauso lehne ich es aber ab, der FDP das Recht zuzusprechen, zu entscheiden, wie wir Protestierende bezeichnen. Wer Aktivist ist und wer nicht, entscheidet nicht die FDP. Und das ist gut so.

Die FPD will Demonstrantinnen und Demonstranten kriminalisieren

Was hier versucht wird, ist eine Kriminalisierung aller Demonstrantinnen und Demonstranten gegen dieses 40 Jahre alte Projekt. Die Sippenhaft gibt es bei uns nicht mehr.

Zu den Abseilaktionen haben sich sowohl Tarek Al-Wazir als auch ich hinreichend positioniert. Die juristischen Bewertungen wurden durch Staatsanwaltschaften und Gerichte vorgenommen. Das übernehmen nicht wir hier. Sie wollen, dass wir sagen: „Der Landtag bekräftigt, dass die anstehende Rodung gewaltlos und ohne weitere Zwischenfälle verlaufen muss, und ruft die Beteiligten auf, den Anweisungen der Polizei Folge zu leisten und den Wald zu verlassen.“

Bürgerlicher Ungehorsam ist ein Werkzeug, dessen Wurzeln bis in die Antike reichen

Liebe FDP, bürgerlicher Ungehorsam ist keine Erfindung der Neuzeit, sondern ein Werkzeug, dessen Wurzeln bis in die Antike reichen. Auch die Rechtsprechung sagt, dass ziviler Ungehorsam – und um den handelt es sich bei der Masse der Protestierenden vor Ort – im deutschen Recht weder eine Ordnungswidrigkeit noch eine Straftat ist. Die möglichen Sanktionen betreffen nicht den zivilen Widerstand, sondern die konkreten Rechtsverletzungen, die begangen werden. Diese werden von Polizei und Gerichten geahndet.

Das haben auch die Beamtinnen und Beamten vor Ort verstanden, denen ich hier ausdrücklich für ihren Einsatz danken möchte. Sie respektieren das Recht auf Protest und sorgen mit ihrer Strategie „Sorgfalt vor Schnelligkeit“ dafür, dass eben keiner verletzt wird.

Als parlamentarische Beobachter vor Ort versuchen wir und DIE LINKE, zur Deeskalation beizutragen. Der Antrag der FDP macht das genaue Gegenteil, und das ist schäbig.

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