Wenn getroffene Hunde bellen – AfD demaskiert sich selbst

Am vergangenen Mittwoch, 12. Februar, verbreitete ich auf meiner Facebookseite 26 Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf der hessischen Landesregierung aus den Reihen der Fraktion der AfD. Dazu veröffentlichte ich diese Worte:

Wer sich immer noch fragt, auf welche Gesellschaft die AfD hinarbeitet, der sollte mal einen Blick in deren Haushaltsänderungsanträge werfen. Hier soll alles gekürzt werden, was sozial Benachteiligten hilft, Flüchtlinge integriert, Inklusion ermöglicht, die Gesellschaft bunt, vielfältig und nachhaltig gestaltet. Nehmt Euch die Zeit und schaut Euch das an!

Der Beitrag fand eine unerwartet hohe Verbreitung, Stand Sonntagabend wurde er knapp 5.000 Mal geteilt, erhielt rund 1.500 Bewertungen und 1.000 Kommentare. Die Fraktion der AfD sah sich aufgefordert, in einer Pressemitteilung darauf zu reagieren. Im Rahmen dieser wirft Fraktionschef Lambrou mir vor, „Wohlfühlpopulismus“ zu betreiben – ein angesichts der für sich sprechenden Anträge der AfD so perfides wie durchsichtiges Ablenkungsmanöver.

Integration? Nicht erwünscht im Lager der AfD

In ihren Anträgen wendet sich die AfD auf gewohnte Weise gegen die Integration von Geflüchteten, welche sie andernorts nicht müde wird, ihrerseits einzufordern.

Die AfD beantragt die Streichung des HessenFonds für Flüchtlinge – hochqualifizierte Studierende und Wissenschaftler, der Anerkennungsberatung für Bildungsqualifikation, der Stabsstelle „Koordinierung von Asyl- und Flüchtlingspolitik“, der Stelle für Beratung im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung.

Darüber hinaus eine Reduzierung der Förderung von Maßnahmen zur Flüchtlingsbetreuung und -integration sowie die Verringerung der Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Anträge die für sich und das empathielose Menschenbild im Umgang mit Frauen, Männern und Kindern sprechen, die vor Krieg, Not und Elend fliehen mussten. Und Anträge, die schon lange nicht mehr überraschen.

Einer gewünschten Abschaltung von Initiativen zur Integration dieser Menschen stellt die AfD wenig subtil die Forderung nach einer Schaffung von 120 zusätzlichen Abschiebehaftplätzen, der Stellenhebung von Polizeivollzugsbeamten und der Schaffung von 300 neuen Stellen für Volljuristen (Richter und Staatsanwälte) gegenüber.

Die Stoßrichtung ist klar: Nachdem, ginge es nach der AfD, zunächst die Integration geflüchteter Menschen und Familien erschwert und erstickt wird, soll sich der Rechtsstaat dann um die Frucht dieser Saat kümmern. Der Eindruck, dass Geflüchtete erst von der sozialen Teilhabe abgeschnitten, dann kriminalisiert und anschließend abgeschoben werden sollen, drängt sich überdeutlich auf. Ein Spiel mit Menschen, das jede erdenkliche Verachtung verdient.

Natürlich sind es nicht nur Geflüchtete, welche die AfD entgegen jedes Gebots der Nächstenliebe in die Enge treiben will. Generell zeigt die Partei ihren Hass gegenüber Menschen mit ihr fremdem kulturellem Hintergrund in aller Offenheit.

Die beantragte Kürzung der Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund und Einsparung bei der Förderung von Religionsgemeinschaften lassen erneut tief blicken und bestätigen die rechtspopulistische Grundausrichtung der Partei, die sich zu gern in bürgerliche Gewänder zu hüllen versucht. Doch der offenkundig geifernde Hass erschöpft sich nicht auf Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund.

AfD gegen Inklusion, Schulen für Erwachsene und gesellschaftliche Teilhabe

Weniger im medialen Mainstream stand zuletzt die Verachtung der AfD gegenüber benachteiligten Menschen und Menschen, deren Lebensweg nicht immer schnurgerade verlief.

So beantragt die Fraktion im Landtag eine signifikante (sic!) Einsparung im Bereich Prävention von sonderpädagogischer Förderung / Inklusive Beschulung / Förderung kranker Schülerinnen und Schüler und will im Gegenzug die Bildung und Erziehung in Förderschulen stärken. Der Kontext ist überdeutlich: Kinder mit besonderem Förderungsbedarf sollen raus aus den Regelschulen, weg vom gemischten Schulhof und in Förderschulen gefälligst unter sich bleiben.

Ein Zynismus, der sprachlos macht.

Doch damit nicht genug. Das Förderprodukt „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Ausgleich von sozialen Benachteiligungen“ will die AfD streichen, ebenso die Mittel für die Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren e.V..

Gekürzt werden sollen Leistungen für Schulen in freier Trägerschaft, Leistungen für Ausbildungs- und Berufsvorbereitung an beruflichen Schulen sowie für die Mittelstufe an Schulen für Erwachsene und Ganztagsangebote an Schulen. Im Gegenzug möchte die Fraktion mehr für das dreigliedrige Schulsystem geleistet sehen. Wieder wird die Stoßrichtung deutlich: Wer nicht dem Wertekanon der AfD entspricht, soll abgehängt werden.

Naturschutz? Nicht mit der AfD

Und selbst vor der Natur macht die AfD keinen Halt. Dass die Partei sich der Modernisierung des Verkehrs und dem Umweltschutz entgegenstellt, ist längst keine Neuigkeit mehr. Dennoch lässt es aufhorchen, dass die Fraktion im Landtag nicht nur die Streichung der Mittel für die Initiativen „Innovative Mobilität“ und „Mobiles Hessen 2030 und Elektromobilität“ beantragt. Vielmehr schreckt sie nicht einmal davor zurück, die Reduzierung der Zuwendungen an Naturschutzverbände durchsetzen zu wollen.

Das Märchen der heimatverbundenen Naturschutzpartei AfD ist damit auserzählt.

AfD gegen Antidiskriminierung, Respekt und Werte

Endgültig reißt sich die Landtagsfraktion der AfD die Maske vom Gesicht, indem sie die Streichung des Förderprodukts „Antidiskriminierung“ und der Mittel für die Respekte-/Werte-Kampagne beantragt. Dass die geforderte Streichung damit zusammenhängt, dass die AfD sich selbst in ihrer Agitation von den Zielen dieser Initiative bedroht fühlt, liegt zumindest nahe.

All diese Änderungsanträge zeigen auf, in welche Richtung die AfD das Land Hessen und darüber hinaus die Gesamtgesellschaft in Deutschland lenken möchte und lenken würde, wäre sie mehrheitsfähig. Ausländerfeindlich, menschenfeindlich und mit vollem Fokus auf Aus- und Abgrenzung.  Ein Menschenbild, dem ich mich mit aller Vehemenz entgegenstelle und ein Menschenbild, gegen das es sich Tag für Tag im politischen Prozess in den Parlamenten, Initiativen und Bürgerbündnissen zu stellen gilt.

Es ist wenig verwunderlich, dass die AfD ihre Anträge, welche jederzeit öffentlich in der Parlamentsdatenbank einsehbar sind, nicht selbstbewusst und öffentlich bewirbt. Es spricht für sich, dass die Landtagsfraktion und ihre Unterstützer vielmehr diejenigen angreifen, welche Transparenz schaffen. Zu deutlich der rote Faden, zu offensichtlich entfernt von der eigenen Maskerade der Bürgerlichkeit.

Ich möchte den vielen hundert Menschen danken, die mir in den letzten Tagen Mut zugesprochen und mich in diesem Ansinnen unterstützt haben. Ich möchte den rund 5.000 Menschen danken, die den Beitrag geteilt haben und somit geholfen haben, die Gefahr, die von dieser selbsternannten Alternative ausgeht, transparent zu machen.

Denn das ist unsere Pflicht. Es ist unsere Pflicht, diese Partei zu demaskieren, ihr den vermeintlich bürgerlichen Schafspelz nicht durchgehen zu lassen. Denn Geschichte darf sich nicht wiederholen.

Alle Anträge im Wortlaut gibt es hier in der Landtagsdatenbank.

20 Kommentare

  1. Bernd Köller

    Hallo Frau Walther, ich habe 28 Jahre mit Menschen gearbeitet, die eine geistige Behinderung haben. Ich war in einer Werkstatt der Praunheimer Werkstätten in Frankfurt Höchst. Ich habe dort sehr einfühlsame,nette und auch witzige Menschen kennengelernt, die auch mitten im Leben stehen. Die Frankfurter Eintracht wurde angehimmelt. Also alles vollkommen normal. Diese Kollegen mit Behinderung waren zwischen 18 und 60 Jahre alt. Es gab keine älteren, weil diese in geschlossenen LKW’s von dem faschistischen Dreckspack elendig ermordet wurden. Deshalb werde ich alles mir mögliche tun, um diese „braune Brut“ (Peter Fischer, Präsident der Frankfurter Eintracht) im Orkus der Geschichte verschwinden zu lassen. Dies ist mir eine historische Verpflichtung zum Wohl meiner Kollegen mit Behinderung und zur Rettung der bundesrepublikanische Verfassung und Demokratie.
    Mit solidarischen Grüßen von Bernd Köller, Kastanienplatz 1, 65597 Hünfelden

  2. Klaus-Peter Baumgardt

    Man könnte hier von „seriellem Streichbedürfnis“ sprechen – ein Projekt nach dem anderen streichen, bis nichts mehr übrig bleibt. Das ist, wahrscheinlich bleibt, aber nur eine Idee – und einen Tätigkeitsnachweis will diese fleissige Fraktion ja auch vorzeigen können.

    Bei den „Mitteln für die Respekte-/Werte-Kampagne“ werden viele Mitbürger gar nicht wissen, worum es geht – irgendwie handelt es sich dabei um eine eher unsichtbare Aktion.
    Das öffentliche Interesse hieran ist vielleicht nicht allzu groß; fühlt sich niemand angesprochen oder mag Keine(r) etwas dazu sagen?
    Den Respekt für Werte zu fördern – mit einer Kampagne – ist vielleicht ohnehin der falsche Ansatz, wenn Beides sich beim Dialog automatisch einstellt: Wäre nicht Dialogförderung dringender, vielleicht auch von Bundesland zu Bundesland, jedenfalls für Alle?

    • Morten

      Und wenn die AfD Vernichtungslager für Behinderte und Migranten forderte, würdest du das sicherlich auch noch parlamentarisch bis zum Kompromiss diskutieren wollen, wie?
      Zitat Joseph Goebbels: „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. „

  3. Thilo

    Hallo,
    vielen Dank das Sie machen was Sie machen. Ich sitze im Rollstuhl, bin voll berufstätig und habe eine tolle Familie. Die AfD will mit Menschen wie mir nichts zu tun haben warum auch immer. Ich bin stolz das es Menschen wie Sie gibt die diesen Rassisten und Ausländerfeinden etwas entgegensetzt. Danke.
    Gruss,
    Thilo

    • Hans David

      Ich sehe das nicht als „Bashing“. Es ist eine Darstellung von Fakten und Schlußfolgerungen daraus.Ich gebe ihnen recht, die Anträge sind von der AfD durchdacht und müssen im Parlament diskutiert werden. Ob es zu einem Kompromiss, einer Annahme oder Ablehnung kommt zeigt sich dann,-parl. Demokratie!

    • Hans David

      Alle Anträge im Parlament sind keine „Geheimnisse“, sondern in der Parlamentsdatenbank öffentlich einsehbar. Nix strafbare Handlung, eher Tranparenz in der Demokratie!
      Und, lieber Jürgen, einen dritten identischen Kommentar solltest du sein lassen. Das fällt auf. Gruß Hans

    • H. W. Teilken

      @Grünefeld, Jürgen Was hier passiert ist Demokratie wie sie sein soll und muß!!!
      Mein Tipp, lesen Sie den ganzen Verlauf – Sie können ohne Scheuklappen nicht zu solche Fragen kommen – mit Scheuklappen der AfD schon.
      Hiermit habe ich meinerseits alles gesagt.

  4. Hans David

    Danke Katy,
    für diese Arbeit, Darstellung und damit Demaskierung dieser „Alternative“ für Deutschland.
    Wir müssen alles tun um RECHTS zu verhindern, nicht noch einmal.
    Deshalb danke und lieben Gruß Hans

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